Die Zunahme psychosozialer Erkrankungen wird zum Charakteristikum des Jahrtausendbeginns. Nach einer aktuellen Erhebung der DAK hat die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen 2014 erneut einen Höchststand erreicht. Demnach entfielen im vergangenen Jahr knapp 17 Prozent aller Ausfalltage auf Depressionen, Angststörungen und andere psychische Leiden. Dies ist ein Plus von knapp zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Es ist nicht nur der hohe Anspruch an sich selbst, der zu Überforderung oder sogar tiefer Erschöpfung führt. Zu diesem Schluss kommt die Hans-Böckler-Stiftung in ihrer jüngsten Studie „Burnout. Soziales Leiden an Wachstum und Wettbewerb“. Es kommen vielmehr noch weitere Faktoren hinzu, die oft genug individuell kaum beeinflussbar sind. Dies sind insbesondere immer höhere Leistungsziele, dauerhafte Unterbesetzung von Arbeitsbereichen durch hohen Kostendruck, ständige Erreichbarkeit (und damit fehlende Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit), befristete Arbeitsverträge sowie die Herausforderungen durch den immer rascheren technischen Wandel.
Noch in den 1970er und 80er Jahren waren Pausen- und Erholungszeiten durch gesellschaftliche Normen sowie durch die damaligen technischen Rahmenbedingungen geregelt bzw. begrenzt: Abends war wirklich Feierabend. Es gab feste Arbeitszeiten, Betriebs- und Werksferien und frühe Ladenschlusszeiten. Am Wochenende oder gar unterwegs war niemand erreichbar. Heute hingegen haben wir alle Freiheiten, sind vermeintlich selbstbestimmt und können vielfach selbst entscheiden, wann und wo wir arbeiten. Doch diese Freiheit hat auch ihren Preis. Der Einzelne kann sich gegen die permanente Hochleistungsanforderung aus dieser entgrenzten Arbeits- und Wirtschaftsweise kaum wehren. Die zunehmend unrealistischen Erwartungen an die Einsatzbereitschaft und die Belastbarkeit von Mitarbeitern ist zum Standard geworden. Dies ist Ausdruck einer ökonomischen Kultur, die um fast jeden Preis auf permanente Leistungssteigerung setzt: „Leistung als Kultur“.
Soziologen beobachten diese Auswirkungen bis in das Privatleben hinein. So werden auch Freizeit, Freundschaften oder das Familienleben immer mehr nach dem Effizienzprinzip gestaltet. Dies geht jedoch zulasten von sozialen Beziehungen und Familie als Rückzugs- und Erholungsraum, der frei von Ansprüchen wieder Kraft schöpfen lässt.
Der Einzelne ist nicht in der Position, sich hier gegen zu hohe Forderungen der Institutionen zu behaupten. Ein NEIN gegenüber dem Arbeitgeber, dem Unternehmen, dem Kunden, dem Markt ist aus der Situation des Individuums so gut wie nicht mehr möglich, da sonst massive Sanktionen drohen.
Leistung aus Kultur
In diesem Sinne liegt eine entscheidende Lösungskomponente zur Stressregulation von Mitarbeiter/innen auf der organisatorischen Ebene. Um eine Stressregulation hier umzusetzen, ist es erforderlich, Klarheit und Orientierung für die Mitarbeiter/innen zu schaffen. Als Führungskraft haben Sie hier folgende Handlungsmöglichkeiten:
• Erzeugen Sie durch das Setzen von Zielen und Prioritäten Klarheit über das, was in Ihrer Organisation wirklich wichtig ist - was die Organisationseinheit im Unternehmen erfolgreich macht. Vermeiden Sie damit eine überambitionierte Organisationseinheit, die mit Arbeit und Projekten überladen ist. Denn, wenn alles wichtig ist und höchste Priorität hat, hat in Wahrheit nichts Priorität.
• Regeln Sie verlässlich adäquate Pausen- und Erholungszeiten und sorgen Sie dafür, dass deren Inanspruchnahme auch wirklich ok ist. Vermeiden Sie, dass diese Regelungen von einer Leistungskultur (im Sinne von Leistung als Kultur; „Was Du gehst schon?“) im Unternehmen ausgehebelt werden.
Da gerade die verlässliche Regelung von adäquate Pausen- und Erholungszeiten (Feierabend, Erreichbarkeit, Urlaub, …) auf gesellschaftlicher Ebene weggefallen ist, muss dies nun auf Ebene der Unternehmen, Bereiche und Abteilungen erfolgen. Hier ist dann auch ein erweitertes Verständnis von Führung gefordert.
Eine Bertelsmann-Studie zeigt, unter welchen Rahmenbedingungen sich die meisten Menschen auch von einer hohen Arbeitsbelastung nicht chronisch gestresst fühlen und so viel seltener krank werden. Folgende Tipps ergeben sich daraus für Sie als Führungskraft:
gewähren Sie Eigenverantwortung, die Arbeit selbst zu organisieren (auf der Basis klarer und realistischer Ziele),
schaffen Sie eine angstfreie Atmosphäre, in der Fehler korrigiert, aber nicht sanktioniert werden,
leben Sie eine Kultur von Respekt und Anerkennung,
und machen Sie Ihre Entscheidungen durchschaubar und verlässlich.
Dies erzeugt eine Kultur, aus der heraus Hoch-Leistung dauerhaft auch in Zeiten hoher Arbeitsbelastung entstehen kann. So entsteht „Leistung aus Kultur“.[1]
©Autor: Dr. Michael Ullmann, Coachingzentrum Heidelberg
[1] Das Konzept der Leistungskultur geht zurück auf Prof. Saaman
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